Forschung

Forschungsprojekte der Abteilung Biochemie

Die Forschungsgebiete der Abteilung Biochemie liegen im Bereich der Molekularen Epigenetik, Protein/Nukleinsäure Interaktion, Enzymologie und in der Synthetischen Biologie.

Im Bereich der Molekularen Epigenetik untersuchen wir DNA und Histon-Protein Methylierungen sowie Proteindomänen, welche diese Modifikation erkennen. Wir studieren den Mechanismus und die Spezifität von Enzymen, die an epigenetischen Vorgängen beteiligt sind, und arbeiten an der Entwicklung von Enzyminhibitoren. Im Bereich der Synthetischen Biologie zielen wir darauf, die Eigenschaften von Enzymen und Proteinen mittels rationalem und evolutiven Design für verschiedene Anwendungen zu verbessern, und entwickeln artifizielle Systeme zur Genregulation.

Mitglied des Stuttgart Research Center Systems Biology (SRCSB)

Aktuelle Forschungsprojekte von Prof. Jeltsch

DNA Methylierung ist eine essentielle epigenetische Modifikation, die in verschiedene biologische Vorgänge involviert ist. DNA Methylierungsmuster werden auf weitgehend unbekannte Weise im Zuge der Embryogenese und Entwicklung von Säugern durch die de novo DNA Methyltransferasen Dnmt3a und Dnmt3b gesetzt. Dnmt1 methyliert spezifisch hemimethylierte CpG Sequenzen nach der DNA Replikation und kopiert dadurch DNA Methylierungsmuster über die Zellteilung. Wir untersuchen Mechanismus, Regulation und Konformationsübergänge von humanen DNA Methyltransferasen in vitro und in Zellen. Ziel dieses Projekts ist zu verstehen wie DNA Methyltransferasen ihre zentralen zellulären Funktionen erfüllen können. Außerdem entwickeln wir artifizielle, auf DNA Methylierung basierende, epigenetische Genregulationsnetzwerke in Bakterien zur Speicherung und Verarbeitung externer Signale.

Histon Lysin Methyltransferases wurden 2000 entdeckt. Seitdem konnte gezeigt werden, dass viele dieser Enzyme auch andere Nicht-Histon Proteine methylieren. Bislang wurden die meisten dieser Nicht-Histon Substrate durch das Studium einzelner Kandidatenproteine identifiziert. Das proteomweite Ausmaß dieser der Nicht-Histon Proteinmethylierung und deren biologische Funktion(en) ist derzeit unklar, in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit wurden 40000 Protein Methylierungsstellen vorhergesagt. Diese Situation erfordert eine systematische und hypothesenfreie Suche nach Protein Lysin Methyltransferase (PKMTs) und deren Nicht-Histon Substraten. Wir planen, alle humanen SET Domänen Proteine zu klonieren und mittels SPOT Peptidarrays die Substratspezifität der Enzyme zu untersuchen. Damit sollen dann neue Nicht-Histon Substrate identifiziert werden. Außerdem soll die biologische Funktion der Proteinmethylierung hinsichtlich der Lokalisation, Proteinstabilität und Interaktion mit anderen Proteinen untersucht werden. Diese Arbeiten werden wichtige Daten zur Rolle von Proteinmethylierung in einem proteomweiten Maßstab liefern.

Vor kurzem hat unsere Arbeitsgruppe das Design von synthetisch-epigenetischen Schaltern beschrieben, die transiente Umweltsignale erfassen und diese Informationen in Form von DNA-Methylierungsmustern in Zellen speichern können (Maier et al., Nat Commun., 2017, 8: 15336). Potenzielle Anwendungen von solchen synthetisch epigenetischen Systemen sind vielfältig und beinhalten die Entwicklung von Bakterien, die als lebende Sensoren verwendet werden könnten, um Kühlketten zu überwachen, Umweltverschmutzung bei Produktionsstandorten oder Atomkraftwerken zu erkennen oder durch den menschlichen Körper zu wandern um Krankheitsmarker oder Stoffwechselzustände zu erfassen. In einem neuen DFG unterstützten Projekt wollen in Koooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Radde (Institut für Systemtheorie und Regelungstechnik) die potentielle Anwendbarkeit von künstlichen epigenetischen Schaltkreisen verbessern und ihre Schalteigenschaften besser verstehen. Hierbei sollen Methoden der Synthetischen Biochemie und quantitative dynamische Modellierung zum Einsatz kommen, um ein mechanistisches Verständnis der Regulierungsprinzipien, der Informationsverarbeitung und der Speicherung durch epigenetische Schaltkreise zu erhalten, ihre Leistungsfähigkeit und Komplexität zu steigern, und zusätzliche Eingangssignale zu erfassen.

 

In diesem Projekt entwickeln wir Systeme zur Epigenom Editierung, die es erlauben epigenetische Modifikationen gezielt an genomische Loci einzubringen. Wir setzen dazu chimäre Enzyme ein, in denen artifizielle DNA Erkennungsdomänen, wie z.B. Zinkfinger Proteine, TALs, oder CRIPSR/Cas9 Komplexe zur locusspezifischen DNA Bindung an Chromatin-modifizierende Enzyme (wie DNA-Methyltransferasen oder Lysin-Methyltransferasen) fusioniert sind. Wir setzen Epigenom Editierung u.a. dazu ein, um Onkogene in Tumorzellen stillzulegen oder epigenetische Modifikationen in Zellen mit Imprinting defekten zu korrigieren. Ausserdem untersuchen wir die Veränderungen von Histon und DNA Modifikationen an natürlichem Chromatin nach der Einführung einer oder mehrerer definierter Modifikationen, um den Prozess der Umprogrammierung besser zu verstehen. 

Post-translationale Modifikationen (PTMs) von N-terminalen Histonpeptiden spielen eine wichtige Rolle bei der Genregulation und bei der Regulation des Zustands von Chromatin. Der biologische Effekt dieser PTMs wird wesentlich durch Protein Interaktionsdomänen vermittelt, welche PTM spezifisch an Zielproteine binden. Ziel dieses Projekts ist es Bindedomänen für Lysinmethylierungen in Histon- und Nicht-Histon-Proteinen zu identifizieren und zu untersuchen. Wir planen systematisch Kandidatendomänen zu klonieren und aufzureinigen und ihre Interaktion mit modifizierten Histonpeptiden und mit randomisierten Peptiden zu untersuchen. Außerdem entwickeln wir Bindedomänen für die biotechnologische Anwendung und setzen Bindedomänen ein, um DNA Methylierung und Histon Modifikationen in lebenden Zellen locusspezifisch nachzuweisen.

In diesem Projekt untersuchen wir die enzymatischen Eigenschaften von Dnmts und PKMTs, die somatische Tumor-Mutationen enthalten. Unsere Ergebnisse werden helfen, den tumorinduzierenden Effekt von somatischen Dnmt und PKMT Tumormutationen aufzuklären und zu verstehen, wie Veränderungen in der DNA und Protein Methylierung zu Krebs führen. Dies wird die Entwicklung von gezielteren Therapien für Tumore mit mutierten Dnmts und PKMTs unterstützen. 

Aktuelle Projekte von Dr. Philipp Rathert

Eine zentrale Frage der epigenomischen Forschung ist, wie Chromatin und DNA bindende Proteine miteinander interagieren, um Gene zum richtigen Zeitpunkt ein- oder auszuschalten und so einen gesunden Zellzustand zu etablieren und zu erhalten. Die Arbeitgruppe von Philipp Rathert untersucht die Dynamik und Vernetzung von Chromatinreglern sowie die induzierte Transkriptionkontrolle unter verschiedenen Bedingungen mittels modernster funktioneller Gentechnik (RNAi oder CRISPR/Cas9) kombiniert mit zellbiologischen Techniken und biochemischen Assays.

Weitere Informationen zu aktuellen Projekten der Gruppe Rathert finden Sie hier.

Langfristige orbitale Raumflüge sind mit erhöhtem psychischem Stress, akuter und chronischer Exposition gegenüber Weltraumstrahlung und durch Mikrogravitation induzierten Veränderungen verbunden, von denen alle bekannt sind, dass sie das Immunsystem schädlich beeinflussen. Epigenetische Veränderungen spielen eine grundlegende Rolle in biologischen und pathologischen Prozesse durch die Interpretation von Umweltsignalen und die Regulierung der Genexpression. In einem neuen, vom DLR und der ESA geförderten Projekt wird die Gruppe um Dr. Rathert genomweite Veränderungen epigenetischer Modifikationen an Gen-Promotoren und -Enhancern untersuchen, die während einer Langzeit-Raumfahrt in einer definierten Untergruppe von Immunzellen auftreten.

Kontakt

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Albert Jeltsch

Prof. Dr.

Abteilungsleiter Biochemie und geschäftsführender Institutsleiter IBTB

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Philipp Rathert

PD Dr.

Akademischer Rat und Gruppenleiter

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